Deutschlands "Atlantis" in der Nordsee
Das sagenhafte Rungholt
Ein deutsches Atlantis? Das gibt es wirklich! Die nordfriesische Hafenstadt Rungholt ging 1362 in einer Sturmflut unter. Heute kann man sogar noch Spuren des sagenumwobenen Ortes finden – zum Beispiel bei einer Wattwanderung.
Die "Grote Mandränke": Rungholts Untergang
Im Januar 1362 wütete drei Tage lang die zweite Marcellusflut, auch "Grote Mandränke" genannt, an der nordfriesischen Küste. Die Sturmflut veränderte die gesamte Nordseeküste: Meeresarme drangen weit ins Marschland vor, Inseln entstanden und riesige Landflächen versanken. Auch Rungholt ging im Wattenmeer unter. Um das "Atlantis der Nordsee" ranken sich seit dem Mittelalter unzählige Mythen.
Mythos Rungholt: Die Legenden
Rungholt soll reich wie Rom und ihr Untergang eine Strafe Gottes gewesen sein. So erzählt es eine bekannte Legende aus dem Jahre 1666. Ihr zufolge habe sich die Bevölkerung Rungholts über einen Prediger lustig gemacht, der daraufhin um Gottes Hilfe und Strafe bat. Die Antwort kam prompt: Kurz danach zog ein heftiger Sturm auf und die Hafenstadt ging unter.
Rungholt als Inspiration für Gedichte
Von dieser Sage ließ sich der Dichter Detlev von Liliencron inspirieren. In seinem berühmten Gedicht "Trutz, blanke Hans" von 1882 heißt es: "Ein einziger Schrei – die Stadt ist versunken, und Hunderttausende sind ertrunken. Wo gestern noch Lärm und lustiger Tisch, schwamm andern Tags der stumme Fisch. Heut bin ich über Rungholt gefahren, die Stadt ging unter vor fünfhundert Jahren." Auch Theodor Storm griff in seiner Novelle "Eine Halligfahrt" von 1871 den Mythos Rungholt auf.
Gruselgeschichten um die versunkene Stadt
Noch heute erzählen sich die Leute an der Küste, dass man bei ruhigem Wetter die Glocke der Kirche von Rungholt im Watt läuten hören kann. Außerdem soll der Ort alle sieben Jahre in der Johannisnacht unversehrt wiederauftauchen.
Spuren von Rungholt im Watt
Nicht nur Urkunden und Schriftstücke aus dem Hamburger Stadtarchiv belegen, dass Rungholt existiert hat. Auch wurden im Gebiet zwischen der Hallig Südfall und der Insel Pellworm immer wieder Relikte vom Leben der damaligen Zeit aus dem Wattenmeer geborgen: von Resten einer Schleuse über Schädel bis hin zu spanisch-maurischer Keramik.
Archäolog:innen gehen davon aus, dass Rungholt eine bedeutende Hafenstadt war, von dort aus Salz bis ins Rheinland und nach Flandern exportiert wurde. Auch wird vermutet, dass die Bevölkerung Rungholts mit Wolle und Bernstein handelte.
Touristenmagnet Rungholt
Hat Sie die Abenteuerlust gepackt? Zwischen Mai und Oktober können Sie an einer geführten Wattwanderung von der Nordseehalbinsel Nordstrand zur legendären Hafenstadt Rungholt teilnehmen. Und sicherlich lässt das ein oder andere Relikt vom Leben der damaligen Zeit bei Ebbe entdecken – vielleicht sogar ein menschlicher Schädel.
Der genaue Standort ist nicht eindeutig
Über den genauen Standort sind sich die Wissenschaftler:innen bis heute uneinig, da verlässliche Aufzeichnnungen fehlen. Hinzu kommt, dass sich das Wattenmeer durch die Gezeiten ständig verändert. Heißt: Versunkenes Material wird ständig weg- und wieder angespült. Heute wird die Hafenstadt Rungholt in der Nähe der Hallig Südfall vermutet. Als ihr Entdecker gilt der Heimatforscher Andreas Busch, der ab 1921 Spuren im Watt entdeckte: Pfähle einer Schleuse, Brunnen, Gräben und Reste von Warften.
FAQ
Wo genau lag Rungholt?
Rungholt soll sich nahe der Hallig Südfall, zwischen der Insel Pellworm und der Halbinsel Nordstrand befunden haben.
Warum ist Rungholt untergegangen?
Rungholt ging als "Atlantis des Nordens" in die Geschichtsbücher ein. Die Hafenstadt versank bei der zweiten Marcellusflut, einer vernichtenden Sturmflut, die später den Beinamen "Grote Mandränke" erhielt.
Wann versank Rungholt?
Die Hafenstadt Rungholt soll im Januar 1362 in den Tiefen der Nordsee versunken sein.
Warum war Rungholt so reich?
Um den Handelsort Rungholt ranken sich viele Mythen. Demnach soll die Rungholter Bevölkerung unermessliche Reichtümer gehortet haben. Zur Strafe für ihre Sünden wurde der Ort vom Wasser verschlungen, erzählt eine bekannte Sage.